Michael Klier (l.) und Michael Melzer >< Foto: Klier Hair Group

18.12.2020

Klier beantwortet Fragen zum Insolvenzverfahren

Anfang September beantragte die Klier Hair Group ein Schutzschirmverfahren. Zum 1. Dezember hat das Gericht mit Beschluss das Hauptverfahren, das sog. Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung, eröffnet. Wir haben mit Michael Klier, CFO, und Michael Melzer, CEO des Unternehmens, gesprochen.

TOP HAIR: Die Klier Hair Group ist mit 1.350 Salons bisher Deutschlands größte Friseurkette. Wie kam es zur Insolvenz?

Michael Melzer: Eines vorab: Wir sind zuversichtlich, dass wir uns in eigener Verantwortung nachhaltig sanieren und zukunftsfähig aufstellen können. Denn ohne den gerichtlichen Nachweis einer positiven Fortfühungsprognose für das Unternehmen wäre ein Schutzschirmverfahren und der Gang in die Insolvenz in Eigenverwaltung gar nicht möglich gewesen. Doch zu den Gründen: Unser Geschäftsmodell ist die Hochfrequenzlage, sprich wir sind in Fachmarktzentren, LEH-Vorkassenzonen und Einkaufszentren vertreten. Die an vielen Standorten überhöhten Mieten kann man in diesen Lagen zum Teil nicht mehr erwirtschaften. Bis Ende 2019 konnten wir damit noch umgehen. Der totale Corona-Lockdown im Frühjahr hat dann nochmals zu großen Einbußen geführt. Die zu hohen Mieten in Anbetracht von rückläufigen Frequenzen nach dem Shutdown bzw. damit einhergehenden Umsatzverlusten, waren nicht mehr zu bewältigen.
Michael Klier: Man muss dazu auch sagen, dass unsere Möglichkeiten nach dem Shutdown begrenzt waren. Die zeitlichen Kapazitäten waren mit unseren Öffnungszeiten von Montag bis Samstag schon vorher am Anschlag und Bedienplätze rauszunehmen ist bei unserem Konzept auch schwierig. Dazu kommt die Tatsache, dass es für ein Unternehmen unserer Größe keine Soforthilfen gab, sondern nur einen KfW-Kredit und das Kurzarbeitergeld, die wir in Anspruch genommen haben. Der Staat hatte für Unternehmen mit großen Filialstrukturen keine Soforthilfen geplant. Hinsichtlich einer notwendigen Anpassung der zu hohen Mieten stellen wir zwar fest, dass insbesondere die privaten Vermieter sehr einsichtig sind. Wir haben es auf Vermieterseite aber vor allem mit vielen institutionellen Anlegern zu tun.
 

TOP HAIR: Wie geht es jetzt weiter?

Michael Melzer: Wir sind gut vorbereitet in das Schutzschirmverfahren hineingegangen und haben den Sanierungsprozess unter Kontrolle. Der Dezember steht ganz im Zeichen der Verhandlungen mit den Vermietern. Hier ist das Ziel, gute Lösungen  bei den Mietkonditionen zu erreichen. Wo das nicht möglich ist, werden wir uns sicher auch von Filialen trennen müssen. Denn wir können keine Salons fortführen und erhalten, die nicht dauerhaft wirtschaftlich sind. Doch seien Sie versichert: wir kämpfen um jeden Salon und um jeden Mitarbeiter. In den Fällen, in denen wir Salons nicht halten können, gibt es Pläne, die Mitarbeiter in andere Geschäfte zu versetzen. Wir sind hier sehr transparent und informieren unsere Mitarbeiter, sobald es Veränderungen gibt.
Michael Klier: Der Sanierungsplan wird im Laufe der kommenden Wochen bei Gericht eingereicht und den Gläubigern vorgelegt. Bei der Gläubigerversammlung, die voraussichtlich am 25. Februar 2021 stattfinden wird, stimmen die Gläubiger dann über den Insolvenzplan ab. Wir hoffen, dass wir Ende März/ Anfang April 2021 die Insolvenz bereits verlassen und neu starten können.
 

TOP HAIR: Denken Sie auch über andere Geschäftsmodelle nach?

Michael Melzer: In Fachmarkt- und LEH-Lagen sowie gut laufenden Einkaufszentren hat man eine hohe Frequenz und da wollen wir auch bleiben. Wir halten das weiterhin für ein gutes Geschäftsmodell, sofern auch die Mieten den neuen Realiäten im Markt angepasst werden. Aber ja, wir denken natürlich auch über andere Standortstrategien und Geschäftsmodelle nach. Dabei sehen wir starke Potentiale in der zielgruppenorientierten Schärfung unserer vorhandenen Marken. Wir werden in den nächsten Jahren gezielt in diese sowie neue Marken, neue Geschäftsmodelle und die Digitalisierung investieren. Und natürlich in unsere Mitarbeiter, denn sie sind unser wichtigstes Kapital.

Interview: Susanne Vetter