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22.10.2019

Projekt "My Skills": Kenntnisse abchecken

Ein Kompetenztest soll Menschen mit Berufserfahrung aber ohne (gültigen) Abschluss näher an den Arbeitsmarkt bringen und dem Fachkräftemangel entgegenwirken.

„My Skills“ heißt der Test, den die Bundesagentur für Arbeit und die Bertelsmann Stiftung entwickelt haben. In rund vier Stunden soll mittels eines computergestützten, videobasierten Verfahrens unter gesicherten Testbedingungen die Kompetenz und der Wissensstand von berufserfahrenen Menschen erfasst werden.  Das Angebot richtet sich an alle,  die keinen Berufsabschluss nachweisen können. Bislang gibt es den Test für 30 Berufe – auch für die Friseurbranche. Mitentwickelt hat den Test Friseurmeister Frank Köster aus Hamburg, in dessen Salon auch die Videos zu den Testfragen gedreht wurden.

„My Skills richtet sich vor allem an Neuankömmlinge in diesem Land“, sagt Frank Köster im Gespräch mit TOP HAIR. „Gerade aus arabischen Ländern kommen viele Menschen, die dort in der Friseurbranche gearbeitet haben. Die sind oft fachlich sehr, sehr gut.“  Bevor man diese Fachkräfte aufgrund der sprachlichen Barrieren gar nicht an sich ranlasse, böte der Test eine Möglichkeit, die Kenntnisse einzuschätzen. Und so sei „My Skills“ auch etwas für  Quereinsteiger und Menschen, die lange aus ihrem Beruf raus waren, ist sich Köster sicher.

Abgefragt werden im Text verschiedene Handlungsfelder: Haare schneiden, Haar färben, Haare dauerhaft umformen, Haar föhnen und stylen und dekorative Kosmetik. Die Fragen sind nah an der Berufspraxis und orientieren sich an der Ausbildungsordnung. „Wichtig ist, die Ergebnisse des Tests richtig zu interpretieren“, betont Köster. „Denn der Test ist schwer. Jemandem, der mit einem Punkt in verschiedenen Handlungsfeldern kommt, kann man gut zur Probe arbeiten lassen oder ein Praktikum anbieten. Jemanden der zwei Punkte erreicht, kann man nach einer kurzen Einarbeitungszeit bedenkenlos in den jeweiligen Bereichen einsetzen, wenn man ein Auge darauf hat. Und für jemanden mit drei Punkten ist in diesem Bereich der Weg zur Fachkraft nicht mehr weit“, erklärt Köster.  Das heiße nicht, dass es einfach werde, so Köster, es sei durchaus klar, dass gerade die Sprache und auch kulturelle Unterschiede eine Herausforderung darstellen. Kösters Tipp: „ Arbeitgeber sollten nicht nur nach voll ausgebildeten Bewerben suchen, sondern auch nach sollen, die aufgrund ihrer Berufserfahrung eine gute Basis mitbringen.“ Genau diese Fähigkeiten mache My Skills sichtbar und was noch nicht beherrscht werde, könne gezielt nachgeschult werden und qualifiziert werden. „In jedem Fall sollten Arbeitgeber sich fragen, für welche Handlungsfelder sie besonders dringend Mitarbeiter brauchen. Und dann gezielt nach Menschen mit guten Testergebnissen in diesen Handlungsfeldern suchen bzw. die Arbeitsagentur oder das Jobcenter bitten, dass sie genau solche Leute schicken.“  Köster sieht dies als einen Weg, dem Fachkräftemangel entgegenzutreten: „In vielen Herkunftsländern hat das Friseurhandwerk einen hohen kulturellen Stellenwert. Ein Friseur aus einem anderen Land kann seinen Job hier bei uns genauso gut machen. Denn ein guter Haarschnitt ist ein guter Haarschnitt. Und zum Teil bringen diese Menschen auch noch Fähigkeiten mit, die hier in Deutschland an den Fachschulen gar nicht mehr gelehrt werden. Sei es die Bartpflege oder die Nassrasur. Oder sie beherrschen Hochzeits- und andere festliche Frisuren für Frauen mit ihrem jeweiligen kulturellen Hintergrund. Dafür gibt es bei uns einen stark wachsenden Bedarf. Das eröffnet für Friseurbetriebe neue Möglichkeiten und Chancen.“

Und das müsse noch nicht das Ende sein, erwidert Köster auf Kritik, dass man damit das deutsche Ausbildungssystem unterlaufe. „Der Test soll ja nicht die Ausbildung ersetzen, sondern erst einmal den Wissenstand abfragen.“ Wie es weitergeht, sei dann ganz individuell zu klären.

Info:

Den Test gibt es derzeit in sechs Sprachen (Deutsch, Englisch, Arabisch, Farsi, Russisch und Türkisch) für 30 Berufe. Wer einen potenziellen Kandidaten für den Test hat, kann direkt mit der Agentur für Arbeit in seiner Stadt Kontakt aufnehmen.

Mehr Infos unter: www.myskills.de www.arbeitsagentur.de/myskills