Die Familie Wild: Kristina Wild (v.), Noah Wild, (r.) mit Familie und Mira Wild (l.) mit Ehemann >< Foto: Wild Beauty

01.10.2019

Adoptiert! Wild Beauty gilt als Pionier der exklusiven Distribution

Die Erfolgsgeschichte von Wild Beauty begann mit einem Anruf, den Reinhold Wild Mitte der 90er-Jahre von einem Headhunter bekam.

Nach 30 Jahren als Managing Director bei Goldwell hatte Wild den gerade an Kao verkauften Konzern verlassen. Die Firma, die nun um ihn warb, war John Paul Mitchell Systems – einen Angestellten brauchte John Paul DeJoria jedoch nicht. Der Mitgründer der amerikanischen Friseurmarke suchte einen exklusiven Distributeur. „John Paul DeJoria fragte meinen Vater damals am Telefon: ‚Wen hast du in den letzten 30 Jahren reich gemacht? Dich oder Goldwell? Und was willst du in den nächsten 20 Jahren tun?‘“, erzählt Noah Wild. Der Vater ließ sich sozusagen zur Selbstständigkeit verführen, verrät der Sohn schmunzelnd. Und gründete 1994 das Familienunternehmen Wild Beauty. Das Ziel: die Marke Paul Mitchell in Deutschland bekannt zu machen.

Alles investiert

Überzeugt war Reinhold Wild vom Produkt und der Philosphie dahinter schnell. „Beyond the bottle“, so der Leitspruch der Gründer. Das, was über die Shampooflasche hinausging – die 100-prozentige Affnität zum Friseur, Umwelt- und Tierschutz, soziales Engagement – war alles, wofür auch Reinhold Wild stand. Er ging das Wagnis ein, investierte Abfindungen und das private Vermögen. Der erste Auftritt mit Paul Mitchell Systems: ein 4-qm-Stand auf der Messe „Hair World“. „Es war viel Pionierarbeit“, erinnert sich Noah Wild, der die ersten harten Jahre als Kind miterlebte.

Der Marke zum Erfolg verhelfen

Reinhold Wild hatte sich damals entschieden, alles anders zu machen als die großen Konzerne. Er wollte keine eigene neue Marke entwickeln, um sie dann möglicherweise wieder verkaufen zu müssen, sondern einer fremden Marke, von der er absolut überzeugt war, hierzulande zum Erfolg verhelfen. Dafür hatte er Prinzipien, die heute noch gelten: Es gibt für alle Salons den gleichen Preis sowie die Möglichkeit zur Einzelstückbestellung, über kurze Wege ist man ansprechbar für den Kunden. Und Friseure bekleiden wichtige Positionen im Außendienst und in der Schulungsleitung. „Wir arbeiten zum Beispiel mit einem freien Trainerteam, meist selbstständige Unternehmer, die im eigenen Salon arbeiten“, erzählt der junge Geschäftsführer Noah Wild. Auch die Logistik liegt in den Händen der Familie Wild. 2013 entschied sich Wild Beauty eine weitere Marke exklusiv zu vertreiben, um sich in Sachen Haarfarbe breiter aufzustellen. In Italien wurde man fündig: Kemon, auch familiengeführt, ist die zweite Friseurmarke im Wild-Beauty-Portfolio.

Den Vertriebsweg sauber halten

Exklusive Distribution bedeutet für Wild Beauty vor allem eines: sauber sein. „Wie kann ich eine Marke exklusiv aufbauen, wenn sie überall zu haben ist?“, fragt Noah Wild. Paul Mitchell und Kemon gibt es nur beim Friseur und im Onlineshop eines solchen. Mit dem Programm „Beneft Locals“ hat Wild Beauty ein Beteiligungssystem entwickelt, um Friseurtreue zu wahren. „Wir leben die Marke, als wenn sie unsere eigene wäre und fühlen uns als Teil der Familie, nicht nur als Ware-Versender“, erklärt Noah Wild. Der Kampf gegen das Graumarktgeschäft gehört dazu. Wild Beauty investiert jährlich rund 100.000 Euro für Anwälte, die Klagen gegen Graumarkthändler führen. „Wir mussten auch schon gegen Salons oder Außendienstmitarbeiter klagen. Da wir keine Kunden fnanzieren, stehen wir auch nicht in einer gegenseitigen Abhängigkeit.“

Keine Firma der Beliebigkeit sein

Eine Marke klein, aber fein aufbauen sei immer das Bestreben von Wild Beauty gewesen. Inzwischen, so Noah Wild, fragten Firmen aus der ganzen Welt an, die einen exklusiven Distributeur suchen. „Wir wollen keine Firma der Beliebigkeit sein. Wir stehen für Paul Mitchell und für Kemon“, betont der Geschäftsführer. Um diese beiden Marken erfolgreich zu machen, gibt Wild Beauty viel Geld für Schulung und Werbung aus. Der Aufbau einer eigenen Akademie in der Firmenzentrale spielt für Noah Wild dabei ebenso eine Rolle wie Online-Education. „Durch Schulungen hier vor Ort spüren unsere Kunden die Zugehörigkeit zur Firmenfamilie. Wir leben die Philosophie hier. Online-Schulungen möchten wir aber verstärkt anbieten, da nicht jeder zu uns reisen kann.“

Aus Prinzip für den Friseur

Reinhold Wild, so berichtet sein Sohn, wurde für die Geschäftsidee „Exklusive Distribution“ zuerst bemitleidet, belächelt, dann bestaunt und schließlich beneidet. Letzteres zu Recht: Wild Beauty macht einen jährlichen Nettoumsatz von 27 Millionen Euro, es gibt inzwischen knapp 5.000 Paul-Mitchell-Salons in Deutschland und Österreich. Und Wild Beauty ist für Paul Mitchell weltweit der größte familiengeführte Distributeur. So soll es weitergehen. Familie Wild hat dafür Pläne und Prinzipien: Kemon weiter vorantreiben und beide Marken auch in anderen Ländern exklusiv vertreiben. „Das Wichtigste ist: Wir wollen uns nicht von der Unruhe im Markt anstecken lassen, sondern unseren Kurs beibehalten. Der heißt: sich mit den Kunden, den Friseuren beschäftigen und nicht mit sich selbst!“